Bestseller oder best Seller?

Ich höre in letzter Zeit immer wieder, dass „Bestsellergarantien“ gegeben werden, dass Bücher in drei Wochen fertig sein können und dass das alles ganz schnell gehen muss, damit die anderen nicht alle vor dir fertig sind mit ihrem Buch.

Gut, schauen wir uns das einmal an.

Beginnend damit: Ein Buch, ein GUTES Buch , kann nicht in drei Wochen fertig sein. Außer, du hast schon alles geschrieben und findest eine wirklich schnelle Lektorin und möchtest nur ein eBook. Auch dann ist es knapp, aber einigermaßen machbar. Ansonsten ist viel zu tun, bis du dein Buch in der Hand hältst. Was alles auf dich zukommt, bis dein professionell umgesetztes Buch fertig ist, kannst du hier nachlesen.

Was ist ein Bestseller und was hast du davon?

Ab ca. 25.000 verkaufter Stück gilt ein Buch heutzutage als Bestseller. Früher waren es 100.000 Stück, die verkauft werden mussten. Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/wie-charts-die-buchbranche-steuern-100.html

Macht ein Bestseller reich?

Was bedeutet das im Konkreten? Je nachdem, welchen Vertrag du mit deinem Verlag hast, bekommst du pro Buch einen sehr geringen Prozentsatz des Verkaufs- oder Einkaufspreises. Der liegt bei Neuautor:innen im Schnitt bei ca. einem Euro und ein paar „Zerquetschten“, wie wir in Wien sagen. Also recht niedrig. Solltest du also aus welchen Gründen auch immer diese Menge an Büchern verkaufen, dann würde sich das schon lohnen, und du bekämst im Laufe der Jahre immerhin eine Summe von ein paar tausend Euro ausbezahlt.

Sorry, wenn ich dich jetzt auf den Teppich zurückhole, aber das ist leider sehr unwahrscheinlich. Im Durchschnitt werden von Business- und Sachbüchern maximal je ein paar hundert Exemplare pro Jahr verkauft. Es reicht also nicht, um sich den Traum von der Schreibklause in der Karibik oder in Frankreich finanzieren zu können. Und auch nicht annähernd, um den Ghostwriter deines Vertrauens zu finanzieren.

Anmerkung: Sollte ein Ghostwriter das behaupten, dann sollte er nicht (länger) der deines Vertrauens sein. ;-)

Aber es gibt so viele Bestseller-Autor:innen, wie geht das?

Nun, es gibt die offizielle Definition von Bestseller, aber auch jede Menge andere Versionen, die wesentlich mehr Menschen glücklich – wenn auch nicht wohlhabend – machen.

Zum Beispiel Amazon.

Was bedeutet „Bestseller“ in der Amazon-Welt?

Hier sieht es etwas anders aus. Extrem anders sogar. Bei Amazon gibt es einen sogenannten Sales Rank.  Rang Nummer eins ist der erstrebenswerteste Wert, und Bücher dieser Kategorie werden außerdem mit einem eigenen orangefarbenen Bestseller-Badge ausgewiesen. Die Rangfolge wird einerseits für die Unterkategorie erhoben, in der das Buch vom Autor/ der Autorin eingegeben wurde andererseits aber auch in der dazugehörigen Hauptkategorie. Das heißt, mit ein bisschen Taktik ist es super easy, einen Amazon-Bestseller zu haben. Auch die Tantiemen sind hier höher, wenn man das Buch direkt über Kindle Direct Publishing (KDP) erstellt und anbietet. Für Qualität oder gar Renommee ist jedoch nicht automatisch gesorgt. Einerseits gehen die Bücher qualitativ ungeprüft raus – was man gut an den teilweise völlig unlektorierten Büchern erkennen kann, die man zum Beispiel auf Kindle Unlimited findet. Andererseits sind Papier und Druckqualität leider teilweise grausam.

Ich selbst habe unter einem Pseudonym Bücher veröffentlicht, von denen ich mir auch – zugegebenermaßen zu einem sehr günstigen Preis – Eigenexemplare zuschicken ließ. Die Bücher sind recht hübsch, haben einen roten Buchrücken. Blöderweise hat jeder Buchrücken einen anderen Farbton oder eine andere Intensität, weil die Dinger halt in Massenfertigung gedruckt wurden.

Aber egal, ich gleite ab!

Worauf ich eigentlich hinauswollte: Ein Amazon-Bestseller ist zwar eh nett, aber weder lukrativ noch ein großes Renommee. Das heißt allerdings nicht, dass man sich nicht darüber freuen und es auch nutzen kann!

Und es ist etwas, das sich gut unter dem eigenen Profiltext in LinkedIn und Co. liest.

Und wie verdiene ich gutes Geld mit meinem Buch?

Ja, da sind wir beim best Seller. Wenn nicht du dein Buch verkaufst, sondern dein Buch dich, dann hast du vieles richtig gemacht. Und dann kann es richtig abgehen!

Das setzt allerdings gute Vorarbeit voraus, Hirnschmalz, Strategie, Ehrlichkeit, Einfühlen. Und noch vieles mehr.

Dein Buch als emotionale Visitenkarte

Ich bin ein großer Fan von emotional intelligentem Verkauf. Wir schreiben das Jahr 2022, und es geht nicht an, dass wir wie in den späten Sechzigerjahren verkaufen, indem wir Angst beim Gegenüber aufbauen – NEIN, auch nicht die FOMO! – oder tricksen. Wir möchten Kund:innen haben, die nicht nur zu uns kommen, weil sie uns mögen, sondern die idealerweise von selbst kommen. Wir wollen Kund:innen, die glücklich sind mit uns, mit denen Arbeit Spaß macht, mit denen die Zusammenarbeit sich anfühlt wie Nachhausekommen. Die uns weiterempfehlen und schätzen. Menschlich und fachlich.

Und diese Kund:innen bekommst du am besten über ein Buch, in dem du dich zeigst. So wie du bist, sympathisch (denke ich mal), offen, als Mensch mit Stärken und kleinen „Special Effects“. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass wir unsere Kund:innen nicht über einen Kamm scheren, sondern sie als Menschen wahrnehmen.

Wenn wir das mit einem Buch schaffen, dann haben wir es geschafft. Oder zumindest den ersten Schritt. Denn performen und deine Versprechen halten, das musst du schon selbst!

Was kann dein Buch für dich tun?

Wenn du davon abkommst, dass du dein Buch verkaufst und dich mehr darauf konzentrierst, dass dein Buch dich verkauft, dann hast du unzählige Möglichkeiten.

·      Dein Buch als Visitenkarte

Ich kenne Leute, die niemals, NIEMALS, ohne ihr Buch das Haus verlassen. Weil man nie weiß, wann man es braucht. Ja, du kannst es wirklich wie eine Visitenkarte einsetzen, Eine, die originell ist und nicht gleich in er Rundablage (Mistkübel!) landet, sobald du dich umdrehst. Ich gestehe, ich habe eine ganze Lade voller Visitenkarten, teilweise – großteils! – weiß ich nicht einmal mehr, wie die Person, die sie mir gegeben hat, aussieht. Und schon gar nicht, was sie beruflich macht. Weil mir der Kontext fehlt.

Wenn du Menschen, die für dich interessant sind und die deutlich an dir Interesse zeigen, dein Buch gibst, dann bleibst du in Erinnerung.

·      Dein Buch als Give-away

Machst du ab und zu Vorträge oder Workshops? Eine perfekte Gelegenheit, dein Buch als Give-away einzusetzen! Entweder, indem du es als Draufgabe dazugibst. Oder, indem du es vor Ort verkaufst. Wenn der Vortrag kostenlos ist, dann ist es sinnvoll, das Buch zu verkaufen. Wenn es sich um einen bezahlten Vortrag oder Workshop handelt, dann kannst du das Buch einfach in den Preis einkalkulieren und im Gesamtpaket dazugeben.

Eine befreundete Trainerin rief mich vor einiger Zeit an, leicht verzweifelt. Sie bietet regelmäßig Workshops an, zum Preis von 250 Euro für ein Wochenende. Nun war eine Mitbewerberin aufgetaucht, die etwas sehr Ähnliches um 199 Euro anbot. „Ich muss mit meinem Preis runtergehen!“, jammerte sie. Ich protestierte heftig. „Du gehst mit deinem Preis nicht runter, sondern rauf! Und du gibst dein neues Buch dazu, als Draufgabe. Du hast durch das Buch eine neue Kompetenz, und die Leute können dein Wissen geballt mit nach Hause nehmen!“ Nach einigem Zögern folgte sie meinem Rat – und einige Tage später rief sie mich an: „Ich habe den Workshop voll – und am Wochenende drauf gibt es einen zweiten Termin, der ebenfalls schon fast ausgebucht ist!“ Ja, auch das kann ein Buch!

·      Dein Buch als Türöffner

Ein Kunde von mir, den ich im Schreibprozess begleiten durfte, hat eine völlig andere Strategie: Seine Kunden sind Großunternehmen. Also schickte er sein Buch gemeinsam mit einem USB-Stick an die Firmen seiner Wahl, jene, in denen er gerne für Vorträge gebucht werden wollte. Auf dem Stick fand sich ein Ausschnitt aus seinem Programm. Als er wenige Zeit später nachtelefonierte, konnte er seinen Erfolg kaum fassen: Schon Ende des Jahres hatte er genug Vorträge verkauft, um das ganze nächste Jahr zu füllen – und das war nur ein Bruchteil seines Geschäftes.

·      Dein Buch als Geschenkbuch

Ja, ich erwähne es, bin aber kein großer Fan davon: Du kannst dein Buch auch selbst drucken lassen und „gegen die Portogebühr“ verschenken. Dann kommst du an Mailadressen von potenziellen Kund:innen, und sie haben schon die erste Hürde zu deinem „Funnel“ erklommen: Sie haben dir Geld geschickt, wenn auch sehr wenig. Das muss man mögen – für mich fühlt es sich ein bisschen an wie Kaltakquise. Und ein bisschen „shady“. Aber wie gesagt: Auch diese Variante hat ihre Anhänger:innen.

·      Dein Buch als Basis für mehr

Auf einem Buch kannst du alles aufbauen, vom Workshop über einen Lehrgang bis hin zu einem Einzelcoaching. Und dein Buch kann all das für dich verkaufen.

Eine mir bekannte Psychologin hat ihr Buchmarketing an sich genial aufgebaut: Es gibt zum Buch einen Podcast – zu jedem Kapitel eine Folge. Kostenlos. Sie hat danach eine sogenannte „Masterclass“ aufgenommen, die ebenfalls als Podcast abzurufen ist. Seltsamerweise ebenfalls kostenlos. Und dann gibt es ein Online-Programm. Das leider nicht verfügbar ist. Was ich persönlich besonders schade finde, weil ich mich anhand der bereits vorhandenen Informationen fix angemeldet hätte.

Dennoch – der Dreh stimmt! Wenn du ein wenig Zeit und Liebe in dein Buch und dein Marketing investierst – durchaus schon, bevor du zu schreiben beginnst! –, bekommst du es hundertfach zurück!

Dein Buch als best Seller für dich

Zusammengefasst kann man sagen: Sobald du dich von der romantischen Vorstellung trennst, dass du fürderhin als Bestsellerautor:in nur mehr die Beine hochlegen und vom Buchverkauf leben kannst, kannst dein Buch für dich die Vorarbeit leisten lassen.

Denn auch wenn du vom leidigen Dich-selbst-verkaufen wegkommst und dich bzw. deine Dienstleistung stattdessen von deinem Buch anpreisen lässt, verwendest du weniger Zeit in unbezahlte Arbeit und kannst stattdessen in dem Bereich performen, in dem du wirklich gut und gerne unterwegs bist.

Und schon hast du deinen best Seller!